Covid 19 und die Auswirkungen auf den Einzelnen, auf Paare und Familien

Die gegenwärtigen Verunsicherungen, die vom Corona-Virus ausgelöst werden, haben Auswirkungen auf den einzelnen Menschen und somit auch auf Paare und Familien.Wie gehen wir damit um?Kaum etwas hassen wir so sehr, wie Gefühle der Unsicherheit. Nicht zu wissen was kommt halten die meisten von uns sehr schlecht aus.Wir leben in einer «Illusion der Gewissheit» und diese Illusion möchten wir um jeden Preis als Realität erfahren können.

Unsichere Situationen bedeuten Kontrollverlust. Ausser im hedonistischen oder erotischen Bereich wollen wir immer und überall die Kontrolle über unser Leben behalten können.

Unsere internalisierten Verhaltensnormen vermitteln uns ein Gefühl der Kontrolle

Unsere Weltanschauung und unsere sozialen Normen, die Überzeugung vom dem, was sich gehört und was nicht, all das sind Dinge, die uns ein Gefühl der Kontrolle vermitteln.

In unsicheren und bedrohlichen Situationen haben wir die Tendenz uns stärker auf solche Normen zu fokussieren um mit dem Unsicherheitsgefühl besser umgehen zu können.

Es ist darum nicht aussergewöhnlich, dass gerade in Krisenzeiten Phänomene wie Fremdenfeindlichkeit oder Verschwörungstheorien geradezu aufblühen.Wie lässt sich Ungewissheit besser bewältigen? Wie können wir die Fähigkeit unklare oder widersprüchliche Situationen zu meistern stärken?

In der Regel werden uns «Risikoübungen» empfohlen. Z.B. einmal an einem Ort hingehen wo wir noch nie waren, in einem Restaurant auf gut Glück etwas bestellen, das wir nicht kennen. Alles sinnvoll, unsere Komfortzone verlassen wir dabei aber nicht.

Solidarität mit Gleichgesinnten 

Wir können uns mit anderen zusammentun und uns gemeinsam mit Gleichgesinnten gegen «bedrohliche Unsicherheiten» kämpfen. Aus der Ohnmacht des Einzelnen wird so ein Gefühl der Selbstwirksamkeit. Hier besteht allerdings die Gefahr in die infantile Regression zu rutschen (Wir haben Recht – die anderen haben Unrecht). Leider eine häufige Reaktion auf Ungewissheiten.

Unsere Gegenwart zeigt uns drastisch auf, dass wir alle lernen müssen, mit Ungewissheiten umzugehen. Wir als Gesellschaft aber auch wir als Familien, als Paare und als Einzelne.

Eine Möglichkeit ist, dass wir uns in einem respektvollen offenen Diskurs klar machen, dass es absolute Sicherheit, absolute Gewissheit nicht gibt das wir uns immer wieder mit Ungewissheiten, Unsicherheiten auseinandersetzen müssen.

Wie ist unsere Kommunikation in ungewissen Zeiten

Und, wir sollten akzeptieren, dass es dabei nicht eine Wahrheit, eine Gewissheit gibt. Entscheidend ist wie wir mit uns und unserem Umfeld kommunizieren. Wie bereit wir sind unsere Fähigkeit nicht deutliche oder widersprüchliche Situationen zu meistern, zu schulen. Respektvolle, klare Kommunikation auch und gerade über unsere Verunsicherung, Ratlosigkeit, Hilflosigkeit, unser Nichtwissen ist ein guter Anfang.

Zum Schluss zitiere ich eine Empfehlung von Gerd Gigerenzer*:

 «Machen Sie sich bewusst, dass absolute Gewissheit noch viel schlimmer wäre. Wenn Sie alles in Ihrem Leben genau vorhersehen könnten, dann hätte nichts mehr eine Bedeutung. Sie bräuchten nichts zu entscheiden, hätten keine Freude mehr.Absolute Gewissheit ist wie der Tod. Ungewissheit macht uns lebendig.»

*Gerd Gigerenzer: Ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (Adaptives Verhalten und Kognition)